Stripline (Wellenleiter)


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Stripline (Wellenleiter)

Zwischen den Baugruppen oder Geräten setzt man also 50-Ohm-Koaxialkabel ein. In den Baugruppen selbst gibt es aber offensichtlich Leiterplatten mit darauf gelöteten Bauteilen. Wie sieht es hier mit der Impedanz aus? Die muss natürlich auch hier eingehalten werden. Die in der Schaltung eingesetzten integrierten Schaltkreise sind so designt, dass deren Ein- und Ausgänge 50 Ohm Impedanz haben. Folglich müssen nun auch die Leiterbahnen auf der Platine (natürlich nur diejenigen, die HF-Signale transportieren sollen) eine Impedanz von 50 Ohm haben.

Dafür verwendet man in der Regel Striplines. HF-Leiterplatten sind mindestens zweilagig ausgelegt. Auf der obersten Ebene (Signalebene) verlegt man die HF-Signalleitungen, die ebene darunter ist eine Massefläche (Masseebene).

Microstrip Line
Wenn durch die Leiterbahn in der Signalebene ein Strom fließt, dann geht man davon aus, das der Rückstrom durch die Masseebene fließt, und zwar direkt unterhalb der Signalleitung. Die Leiterbahn und die Massefläche entsprechen also den beiden Leitern eines Kabels. An anderer Stelle habe ich erläutert, wie sich die Induktivität und die Kapazität der Leiter durch Abstand und Größe der Leiter gegenseitig beeinflusst. Je kleiner der Abstand zwischen beiden Leitern (also je dünner die Platine) desto geringer ist die Induktivität und desto größer ist die Kapazität. Der Abstand ist aber durch das Platinenmaterial fest vorgegeben, zwischen Leiterbahn und Masseebene ist ja eine Schicht Isoliermaterial (meist Epoxy) konstanter Dicke. Aber auch die Breite der Leiterbahn ist wichtig. Je breiter die Signalleitung, desto größer wird die Kapazität zwischen Leiterbahn und Massefläche, auf die Induktivität wirkt sich die Leiterbahnbreite dagegen nur geringfügig aus.

Da sich die Impedanz der Leitung auf der Platine aus Induktivität und Kapazität ergibt, kann man bei vorgegebener Platinendicke (H) die Impedanz mit der Leiterbahnbreite (W) einstellen. Für eine 1,6mm dicke Platine ergibt sich eine Impedanz von 50 Ohm bei einer 2,9 mm breiten Leiterbahn. Verwendet man eine nur 0,8mm dicke Platine, dann muss die Leiterbahn 1,45 mm breit sein. (Dabei gehe ich von normalem FR4-Platinenmaterial aus). Da sich 2,9mm dicke Leiterbahnen nur schlecht an kleine Steckverbinder oder ICs anschließen lassen, bevorzugt man dünnes Platinenmaterial mit 0,8mm Dicke. Bei 4-lagigen Platinen muss dann also die Isolation zwischen den beiden obersten Lagen 0,8mm dick sein. Rechts sieht man so ein Design, das nennt man Mikrostrip. Wer Deutsch bevorzugt, kann Wellenleiter sagen.
Bild

Coplanar Wave Guide mit Massefläche
Wenn man auch auf der Oberseite der Platine auf beiden Seiten der Leiterbahn mit Masseflächen belässt (die natürlich auch mit Masse verbunden werden müssen), dann gibt es dadurch zusätzliche Kapazität zwischen Leiterbahn und Masse. Um trotzdem die gleiche Impedanz zu behalten, muss man als Ausgleich die Kapazität zwischen der Leiterbahn und der unteren Massefläche verringern. Dafür kann man einfach eine dickere Platine verwenden und damit den Abstand zur unteren Massefläche vergrößern, oder man muss die Leiterbahn schmaler machen.

Diese Konstruktion, bei der die Leiterbahn sowohl oberhalb einer Massefläche als auch in der eignen Ebene neben Masseflächen verläuft nennt man "koplanarer Wellenleiter mit Massefläche". Er ermöglicht bei dickeren Platinen (1,6 mm) Leiterbahnen, die nicht extrem breit werden. Sind die benachbarten Masseflächen ca. 0,2 mm entfernt, dann kann die Leiterbahn 1,8 mm breit ausgelegt werden (als normale Mikrostripline wären es 2,9mm.) Die oberen Masseflächen werden mit der unteren durch viele Durchkontaktierungen (Vias) verbunden, das nennt sich "Stitching". Als Abstand der Vias kann man sich an 1/20 der Wellenlänge orientieren. Man kann das an dieser Platine gut erkennen.
Selbst ätzen  scheidet bei koplanaren Wellenleitern normalerweise aus. Die nötige Präzision ist schwer hinzubekommen, und wehr will schon tagelang Durchkontaktierungen von Hand löten oder nieten.
Grafik

Gekoppelte Microstrip Line
Die ersten beiden Beispiele entsprechen in etwa einem Koaxialkabel. Es gibt zwar keine richtige Schirmung, wie man das vom Kabel kennt, aber der "Leiter" ist unsymmetrisch. Die Leiterbahn zu einen und die Masseflächen zum Anderen sind grundverschieden, und wenn man mal messen würde, dann wäre die gesamte Spannung relativ zu Masse  in der einzelnen Leiterbahn. Kunststück, die Masseflächen sind nun mal mit Masse verbunden und haben gegenüber Masse kein Potenzial.

Es gibt aber auch symmetrische differenzielle Leitungen aus zwei physisch identischen Leitern bzw. Leiterbahnen. Da ist keine der beiden Leitungen mit Masse verbunden, und die zweite Leitung enthält das inverse Signal der ersten Leitung. In der Welt der schnellen digitalen Datenbusse (die inzwischen ja auch Gigaherz erreichen) sind solche symmetrischen Leitungspärchen Standard, in der Hochfrequenztechnik spielen sie dagegen die zweite Geige. Ab und zu gibt es sie aber. Da sie oft 200 ... 300 Ohm Impedanz haben und auch noch symmetrisch sind, kann man sie nur mit Hilfe von Balancern / Unbalancern (Balun) mit den üblichen unsymmetrischen  50 Ohm Leitern verbinden. Baluns sind meist kleine Trafos.

Grafik

Stripline
Von einer Stripline ist dann die Rede, wenn eine Leitung innerhalb einer Leiterplatte zwischen zwei Masseflächen verläuft - sozusagen ein Sandwich. Da die Leiterbahn mit dem Signal nun beidseitig abgeschirmt ist, sind die Abstrahlverluste sehr gering. Auch sind nun Gegenstände dicht oberhalb der Platine egal.
Allerdings ist nun mindestens eine dreilagige Platine erforderlich, und der Anschluss von Bauteilen an so eine Stripline ist problematisch.


Für die konkrete Berechnung all dieser verschiedener Leiterbahnen gibt es Software. Ich empfehle den PCB-Calculator des KiCad-Paketes. Von dort habe ich auch die nebenstehenden Grafiken entliehen.
stripline

Nun kann man also Chips mit 50 Ohm Anschlüssen und 50 Ohm SMA-Buchsen auf die 0,8 mm dicke Platine löten, und diese z.B. mittels 1,45mm breiter Leiterbahnen untereinander verbinden - prima. Das ist natürlich nicht trivial. Die Breite der Leiterbahn sollte möglichst konstant sein (jede Breitenschwankung ist eine Impedanzänderung und bewirkt Reflexionen). Muss man die Leiterbahn um die Ecke legen, sollte das in einem möglichst großen Radius erfolgen, Inhomogenitäten im Platinenmaterial können auch die Impedanz ändern.
Im teuren Profibereich verwendet man deshalb spezielles Platinenmaterial (z.B. Rogers) bei dem der Hersteller darauf achtet, dass die Dicke und die elektromagnetischen Eigenschaften des Isolationsmaterials konstant sind.


Wenn wir mal die zu aufwendigen Striplines vernachlässigen, dann haben alle anderen Designs eine Schwachstelle. Nach unten ist die Leiterbahn ja ganz gut durch die Massefläche abgeschirmt, Nach oben fehlt aber jede Schirmung. Dadurch drohen zwei Probleme:

Mit Antennenwirkung meine ich, dass die Leiterbahn wie eine Antenne Signale abstrahlen oder auch störende Signale aus der Umwelt empfangen kann. 
Verstimmung wiederum bedeutet, dass jegliche Objekte dicht oberhalb der Leiterbahn durch die Kapazität zwischen Objekt und Leiterbahn sich auf die Impedanz (und bei komplexeren Schaltungen auch z.B. auf Filterfrequenzen etc.) auswirken können.
Für einfache Tests kann man mit einer ungeschirmten Platine leben. Bei anspruchsvollen Schaltungen muss man die Platinenoberseite aber abschirmen. Dafür kann beispielsweise eine nach unten offene Blech-Box über die Schaltung platziert und ringsherum festgelötet werden. Diese Abschirm-Box kann auch mit vielen Lötpins versehen werden, die dann alle verlötet werden (Lötpinabstand wenn möglich kleiner als 1/20 Wellenlänge).
Eine noch bessere, aber auch teurere Lösung ist es, einen gefräster Aluminiumblock mit Aushöhlungen für die Schaltung auf die Platine zu schrauben.

Einzelne HF-Baugruppen werden gern in Metallboxen verbaut, in deren Oberfläche dann die Koax-Buchsen verschraubt sind.




Mikrostrip als L oder C

Damit eine Mikrostrip (Line) die korrekte Impedanz hat, muss sie eine bestimmte Breite haben (in Abhängigkeit von der Dicke und dem Material der Platine).

Macht man die Leiterbahn einfach breiter, dann ist ihre Kapazität zur Massefläche in der anderen Platinenebene zu groß. Das bedeutet aber eigentlich ja nur, dass sich diese Leiterbahn wie in Kondensator verhält. Das kann man ausnutzen, wenn man einen Kondensator braucht. Umgekehrt ist eine zu dünne Leiterbahn eine Induktivität.

Durch Wechsel der Leiterbahndicke entlang einer Mikrostrip kann man deshalb umfangreiche LC-Schaltungen realisieren. Hochpass-, Tiefpass- oder Bandpassschaltungen, die nur aus Leiterbahnstücken unterschiedlicher Breite bestehen sind nicht unüblich.


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Autor: sprut
erstellt: 16.02.2019