Die Impedanz ist ja die Wurzel aus L/C. Wenn man das quadriert
bekommt man für 50 Ohm:
50*50 = L/C
2500 = L/C
C = L/2500
bei 70 Ohm dagegen
70*70 = L/C
4900 = L/C
C = L/4900
Im Verhältnis zur Kabelinduktivität ist beim 70 Ohm Kabel die
Kapazität nur halb so groß. Wählen wir in Gedanken mal zwei kurze
Kabelabschnitte mit 50 und 70 Ohm so aus, dass die Induktivität
beider Stücke gleich groß ist und verbinden die Kabel. Da beide
Abschnitte die gleiche Induktivität haben, kann man diese im
weiteren Vernachlässigen, wir suchen ja nach Ursachen für
unterschiedliches Verhalten.
Wenn nun Leistung vom 50 Ohm Kabel in das 70 Ohm Kabel fließen
soll, dann fließt sie sozusagen aus dem Kondensator des 50 Ohm
Kabels in den 70 Ohm Kondensator. Dieser ist aber nur halb so
groß! Würde die gesamte Leistung transportiert werden, dann würde
der halb so kleine Kondensator auf die doppelte Spannung
aufgeladen werden müssen. (Q = C*U). Das widerspricht nun wirklich
jeder Erfahrung, Kabel verstärken keine Spannung. Vielmehr wird
die Spannung (mal von ohmschen Verlusten abgesehen) im zweiten
Kabel genauso groß werden, wie sie im ersten ist. Und das
bedeutet, dass in den Kondensator der halben Größe auch nur die
Hälfte der Ladung aus dem ersten Kabel hineinpasst.
Nur die Hälfte der Leistung wird also in das 70 Ohm-Kabel
hinüberlaufen können. Was passiert mit der anderen Hälfte? Nun,
sie wird sich weder in Luft auflösen noch stehen bleiben können.
Und da es im Kabel nur zwei Richtungen gibt, von denen wir eine
gerade ausgeschlossen haben, wird die verbleibende Leistung an der
Verbindungsstelle der Kabel reflektiert und läuft wieder das 50
Ohm Kabel zurück.
Man kann das alles natürlich auch mathematischer erklären, aber
dieser Vergleich von Kapazität und Induktivität bei verschiedenen
Impedanzen tut es auch. Man kann so jederzeit herleiten, wie viel
der Leistung reflektiert wird, wenn sich die Impedanz entlang des
Signalpfades ändert. Bei steigender Induktivität (wie in diesem
Beispiel) setzt man die Induktivitäten gleich und vergleicht die
Kapazitäten um das Reflektionsverhältnis zu bestimmen. Bei
sinkender Induktivität macht man es umgekehrt.
Das führt dann auch zu interessanten Effekten. Wird ein Kabel am
Ende kurzgeschlossen, dann hat es dort 0 Ohm – und damit auch eine
Impedanz von 0 Ohm. Kommt ein Signal am Ende des 50 Ohm Kabels am
Kurzschluss an, dann brutzelt dort nichts (wie man es bei
Gleichspannung oder tiefen Frequenzen erwarten würde), sondern
aufgrund der extremen Impedanzänderung wird die gesamte Leistung
reflektiert (und dabei invertiert) und läuft das Kabel wieder
zurück.
Und was passiert, wenn ein Kabelende einfach offen ist? So ein
offenes Kabelende hat keine 50 Ohm. Allerdings ist die Impedanz
dort auch nicht Unendlich. Schließlich ist dort der freie Raum,
und der hat eine Impedanz von 377 Ohm (warum ist hier erst mal
egal). Nun ja, auch 377 Ohm ist extrem verschieden von 50 Ohm,
also wird auch hier praktisch die gesamte Leistung am Ende des
Kabels in das Kabel zurückreflektiert, und macht sich auf den Weg
dorthin, wo sie gerade hergekommen ist.
So ein reflektiertes Signal ist im günstigsten Fall störend. Bei
hohen Leistungen kann die reflektierte Energie , wenn sie auf die
Energiequelle stößt zu Überspannung und Beschädigungen führen.
Aus diesem Grunde ist es nicht nur gute Praxis, sondern eine feste
Regel, offene Leitungen oder andere offene Anschlüsse mit
Abschlusswiderständen abzuschließen. Dadurch wird jede Leistung,
die ein solches Ende erreicht absorbiert, und kann keine Probleme
mehr verursachen.
Autor: sprut
erstellt: 16.02.2019